Happy Birthday, Agrippina!

Agrippina-News, Antje Hansen, Psst Hörmal Verlag

... „Physikalische Unmöglichkeit, bla, bla, bla und außerdem steht in euren Büchern, dass Nero mich ermorden ließ. Das ist natürlich, wie so vieles was in Geschichtsbüchern steht, nur die halbe Wahrheit. Schaut mich an, ich bin seit zwei Jahrtausenden quicklebendig!“ Agrippina verschluckt sich an einem Brotkrümel.

„Seit zwei …“

„Jahrtausenden, jawohl. Ich feiere einen runden Geburtstag – das sieht man mir nicht an, was?“, flötet Agrippina, während sie eitel über ihr feuchtes Haar streicht. „Aber nun weiter im Text: Am 8. Juli im Jahre 50 nach Christus erhielt meine Colonia die offiziellen Stadtrechte, und als Stadtgründerin habe ich sowohl die Ehre als auch das Vergnügen und die Verpflichtung, mich um ihr Wohlergehen und Gedeihen zu kümmern.“ Stolz zählt sie auf: „Aquädukt, blühender Handel durch das Stapelrecht im Mittelalter, heute Kultur- und Wirtschaftsmetropole, die Heiligen Drei Könige, Dom, Rhein, Universität, Karnevalshochburg, lecker Kölsch und Fassbrause, der halve Hahn mit dem wir voll im vegetarischen Trend der Zeit liegen, Schokoladenmuseum und so weiter und so fort. Ich kümmere mich nicht um jede Ampelschaltung oder den Auf- und Abstieg des 1. FC Köln, den Fußball-Gladiatoren der Neuzeit, aber …“ Sie rülpst. „Entschuldigt. Aber … apropos Schokolade: Ein Stückchen als Dessert wäre jetzt genau das Richtige!“ Vergnügt tätschelt sie ihren speckigen Bauch.

Ich nehme einen Schokoriegel aus dem Schrank.

„Hmm, mal was anderes als immer nur Vollmilch-Nuss. So, genug geplaudert. Das mit dem Kopf der Bande und so weiter, hat noch Zeit, das besprechen wir das nächste Mal. Für den hier brauche ich Ruhe!“ Roter Qualm saust durch Küche und Flur, die Treppe hinauf in mein Zimmer. „Wir sehen uns.“

Ich zucke zusammen. Ist das ein Versprechen oder eine Drohung? ...